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VM 083 Great War Dawning 700Das Buch beschreibt in englischer Sprache das Deutsche Reich und seine Armee bei Kriegsbeginn 1914. Es ist sehr klar strukturiert und gibt einen guten Einblick in die Funktionsweise des Reichsheeres.

Dabei widmen sich die Verfasser, die alle einen militärischen Hintergrund haben, kritisch den Strukturen, den einzelnen Truppengattungen und den Schwierigkeiten, die aus deren Zusammenwirken entstanden. Die Verbindung von militärischer Erfahrung und wissenschaftlicher Herangehensweise führt dazu, daß die Autoren die richtigen Fragen, beispielsweise neben Führungsfehlern auch nach Verbindung und Versorgung, stellen und beantworten können.

Der Leser erfährt, nach welcher Doktrin die einzelnen Truppengattungen ausgebildet wurden und wie sie für den Krieg aufgestellt waren. Der Wert neuer Technik wurde erkannt, zugleich behinderte aber das Festhalten an Traditionen teilweise die Anpassung von Strategie und Taktik an deren Stand. Am Beispiel der Kavallerie weisen die Verfasser nach, daß das deutsche Reichsheer 1914 teilweise weit davon entfernt war, die „posterperfekte“ Kriegsmaschine zu sein, als die es in der britischen oder französische Propaganda immer wieder dargestellt wurde.

Das Reichsheer wird nicht nur mit seinen aktiven, sondern auch mit seinen Reserve- und Landwehrformationen gezeigt; so erfährt man etwas über die unterschiedliche Ausstattung und Ausrüstung, was wiederum auf die Kampfkraft durchschlug. Dankenswerterweise behandeln die Autoren neben Infanterie, Artillerie und Kavallerie auch das Nachschubwesen; dieser wesentliche Bestandteil der Kriegführung wird sonst allzu oft „vergessen“. Dabei waren die Schwierigkeiten der Versorgung im schnellen Vormarsch 1914 teilweise abzusehen – in einzelnen Fällen begann man aber erst 1913, hierfür zu planen. Die Autoren zeigen dies klar verständlich. 

Ebenso kritisch hinterfragen die Autoren die deutschen Planungen für einen unvermeidlichen Zweifrontenkrieg. Ob es 1914 überhaupt (noch) einen Schlieffen-Plan gab, der als unfehlbares Zaubermittel in der Schublade lag, ist hier quellenkritisch aufgearbeitet. Daraus und aus den vorhandenen unzureichenden Fernmeldemitteln resultiert die Frage, ob die Auftragstaktik im Vormarsch durch Belgien und Frankreich 1914 das angemessene Mittel war und wie die Oberste Heeresleitung hiermit umging. Auftragstaktik funktioniert nur, wenn bestimmte Bedingungen vorliegen.

Dieses Buch ist vor allem für Leser in englischsprachigen Ländern geschrieben. Aus diesem Grund ist der Struktur und den Befindlichkeiten des Deutschen Reichs und seiner Bundesstaaten großer Raum gewidmet. Hier erfährt man Grundlegendes zu Politik, sozialen und wirtschaftlichen Fragen. Das macht aber erst verständlich, aus welchen Gründen einzelne Entscheidung nur so fallen konnten, wie sie fielen. Für deutschsprachige Leser, die sich einen klar strukturierten Überblick zu diesem Thema verschaffen wollen, ist das Buch sehr gut geeignet, zumal es klar auf Strukturen abzielt und Gefechtsfeldprosa bewußt vermeidet.

Der Text ist mit durchschnittlichen Englischkenntnissen leicht zu verstehen. Daß das Buch in englischer Sprache erschienen ist, mag der nur deutschsprachige Leser bedauern. Eigentlich müßte er es aber begrüßen, denn so steht der englischsprachigen Welt ein an deutschen Quellen erarbeitetes Werk zur Verfügung, das eine Tür öffnet und Einsichten ermöglicht, die deutschsprachige Leser sich einfacher aneignen können. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, das den meisten englischsprachigen Bücher zum Ersten Weltkrieg fehlt. Niemand kann nun noch sagen, er wisse nichts über das Reich, seine Struktur und die Fehlbarkeiten seines Reichsheeres beim Heraufdämmern des Ersten Weltkrieges, des „Great War“.

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