Aus dem alten Staatenverbund gelöst, mußte Österreich nach dem Willen der Sieger 1919 eigenständig bleiben. Völkerbundkredite stützten schließlich das hungernde Land.
Von Dr. Elmar Heinz
Die Bedrängnis des Staates Deutschösterreich Ende 1918 kann man vielleicht am besten verstehen, wenn man die Begehrlichkeiten seiner Nachbarn bedenkt. Dem Königreich Italien hatten die Westmächte 1915 versprochen, nach einem Sieg über Österreich-Ungarn mit Kroatien die gesamte Adriaküste zu erhalten. Italien hatte daraufhin seinen Verbündeten Österreich-Ungarn und Deutsches Reich 1915 den Krieg erklärt. Am Ende dieses verlustreichen Ringens sah sich das Land dann vor die vollendete Tatsache gestellt, daß Kroatien dem neuen SHS-Staat unter Führung Serbiens zugeschlagen wurde. Umso verbissener krallte es sich deshalb an die einzige verbliebene Beute: Südtirol. Ebenso versuchte der SHS-Staat, sein Gebiet in Steiermark und Kärnten möglichst nach Norden zu erweitern. Während im Süden Staaten an Österreichs Grenzen nagten, unternahmen dies im Norden und Osten Völker, die eigentlich zu diesem Staatenverband gehört hatten.
Nach dem Ende der Doppelmonarchie nahmen sich unter anderem Polen, Slowaken und Tschechen das Recht auf einen eigenen Nationalstaat – daß sie diese Staaten um Gebiete mit neuen Minderheiten großzügig abrundeten, übersahen die Siegermächte geflissentlich. So schrumpfte der Staat Deutschösterreich schnell auf die heute bekannten Grenzen; die deutschen Siedlungsgebiete in Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien kamen ebenso unter fremde Herrschaft wie die im südlichen Tirol. Lediglich das Burgenland kam mit Ausnahme der Stadt Ödenburg (Sopron) von Ungarn an Österreich. Da sich hier die beiden nominellen Verliererstaaten gegenseitig Land streitig machten, kam dies den Siegern vielleicht sogar zupaß. Von 9,1 Millionen Deutschen in der österreichischen Reichshälfte lebten schließlich nur 5,5 in Deutschösterreich.
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