Georg Johann Luger entwickelte mit dem unterknickten Kniegelenkverschluß der Parabellum-Pistole einen Meilenstein der Waffentechnik. An seiner wiederentdeckten Grabstätte errichtete nun eine Interessengemeinschaft einen Gedenkstein. Die Enthüllung fand Ende September 2018 statt.
Von Dr. Frank Buchholz
Die Grabstelle Lugers, die bei Kriegsende 1945 eingeebnet worden war, ist durch eine Interessengemeinschaft um Wolf-Dietrich Roth, Christian Bogdan und Heinrich Krauß wieder lokalisiert worden. Die Interessengemeinschaft hat gleichzeitig auch eine Grabstelle in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Grabstelle Lugers kaufen können. Eine Anfrage der Interessengemeinschaft im November 2017 hatte Erfolg – im Februar 2018 stimmten Gemeinderat und der Bürgermeister von Schöneiche, Ralf Steinbrück, der Errichtung eines Gedenksteins für Georg Luger auf dieser Grabstelle zu.
Nun ging es darum, einen würdigen Gedenkstein aufzustellen. Hieran hat sich die Deutsche Gesellschaft für Heereskunde neben anderen Spendern mit einem finanziellen Beitrag beteiligt. Der Gedenkstein zeigt den Kniegelenkverschluß der Parabellum Pistole, die wesentliche konstruktive Leistung Lugers, ausgeführt in schwarzem Granit. Auf der davor liegenden Tafel wird Luger mit den Worten: „Ein weltberühmter Designer des beginnenden industriellen Zeitalters” gedacht. Der Gedenkstein wurde in einer würdigen Zeremonie am 29. September 2018 durch Prof. Dr. Peter Luger enthüllt. Der ehemaliger Leiter des Instituts für Chemie und Biochemie – Anorganische Chemie an der Freien Universität Berlin ist ein Enkel Georg Lugers.
Anwesend hierbei waren neben weiteren Angehörigen der Familie Luger und einer Anzahl interessierter Heereskundler und Waffensammler auch Dr. Geoffrey Sturgess, der Verfasser des dreibändigen Standardwerkes „The Borchardt & Luger Automatic Pistols - A Technical History for Collectors from C93 to P.08” und Stephen A. Petroni, der Vorsitzende der FESAC (Foundation for European Societies of Arms Collectors).
Luger und DWM – eine wechselvolle Zusammenarbeit
Georg Johann Luger, geboren am 6. März 1849 in Steinach am Brenner im österreichischen Tirol und gestorben am 22. Dezember 1923 in Fichtenau bei Berlin, wurde auf dem Friedhof in der Schöneicher Friedensaue bei Berlin beerdigt, da Luger auch seine letzten Lebensjahre in der Villa Luise in Schöneiche verbracht hatte.
Luger, der es in der k.k. Armee zum Leutnant der Landwehr gebracht hatte, war mit dem österreichischen Konstrukteur und Waffenproduzenten Ferdinand Ritter v. Mannlicher gut bekannt gewesen. Der vermittelte ihn aufgrund seines technischen Verständnisses und seiner Sprachkenntnisse (neben Deutsch sprach Luger auch Serbisch und Italienisch) ungefähr 1893 als Handelsvertreter und Konstrukteur an die Firma Ludwig Loewe & Co. in Berlin. Ab 1896 arbeitete Luger für die neugegründeten Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken AG (DWM), die zur Loewe-Gruppe gehörten.
Er nahm sich dort der von Hugo Borchardt entwickelten Pistole C93 an und konstruierte den Kniegelenkverschluß dieser Pistole so um, daß diese Waffe ab 1900 bei verschiedenen Armeen in Europa mit viel Erfolg eingeführt und verwendet wurde (s. RWM-Kompendium 08: Die Thuner Pistolenversuche). In der Kaiserlichen Marine als Pistole 04 und in der Armee als Pistole 08 eingeführt, wurde die Parabellum-Pistole zur Standardwaffe der deutschen Streitkräfte im Ersten Weltkrieg. Während des Krieges wurde auch eine lange Pistole 08 ursprünglich als Seitenwaffe für die Feldartillerie entwickelt, die allerdings schnell auch bei Stoßtrupps und Sturmbataillonen hohe Beliebtheit erlangte.
Während des Weltkrieges bezog Georg Luger erhebliche Tantiemen aus seinen Patenten: Für jede bei DWM hergestellte Pistole 08 erhielt er eine Mark und für jede Abzugsstange neuer Art zehn Pfennig. Diese Beträge summierten sich bis Kriegsende auf eine knappe Million Mark. Da er allerdings wie viele andere wohlhabende deutsche Bürger einen erheblichen Teil seines Vermögens in Kriegsanleihen investiert hatte, schmolz dieses Vermögen mit dem Kriegsende auf einen Bruchteil zusammen. Der verbliebene Rest fiel dann 1922/23 der Inflation zum Opfer.
Gleichzeitig versuchte die DWM ab 1919 den genialen, aber unbequemen Konstrukteur loszuwerden und sich auf diesem Wege auch seine Patente anzueignen. Luger wurde am 30. Januar 1919 zum 31. März 1919 gekündigt und aus der Firma ausgesperrt. Am 21. März ersuchte die DWM Luger, alle der „Firma vertraglich gehörenden Schriftstücke, Zeichnungen, Konstruktionen und Modelle sowie Waffen pp.” vor seinem Ausscheiden zu übergeben.
Es folgte eine ausgedehnte Rechtsstreitigkeit zwischen dem für seine „robusten“ Methoden bekannten Generaldirektor Paul v. Gontard von DWM und Georg Luger vor dem Kammergericht Berlin, die in der Öffentlichkeit auch erhebliche beiderseitige persönliche Verletzungen nach sich zogen. Der Prozeß wurde am 1. November 1922 vor dem Reichsgericht in Leipzig im wesentlichen zugunsten Lugers entschieden und an die Vorinstanz, das Kammergericht in Berlin, zurückverwiesen. Da Georg Luger ein Jahr später verstarb, gab es dort aber wohl keine weitere Verhandlung mehr.
Dr. Frank Buchholz ist Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Heereskunde
MIT EINEM KLICK FINDEN SIE PASSENDE BÜCHER ZU GEORG LUGER |
+++ rwm +++