Krieg und Fliegen. Die Legion Condor im Spanischen BürgerkriegSchüler-Springorum, Stefanie. 369 Seiten, Paderborn München Wien Zürich 2010. ISBN 978-3-506-76747-9, Preis: 39,90 €
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Ihr nach eigenem Bekunden „ethnologisch-fremder Blick“ auf eine für sie ferne Männerwelt wirkt dabei keineswegs als Barriere, die eine verkürzte oder gar unsachgemäße Darstellung militärischer Prozesse oder Strukturen zur Folge hätte. Ganz im Gegenteil erweist sich Schüler-Springorums Schilderung der frühen Militärfliegerei in Deutschland als ungewöhnlich konziser Überblick der Geschichte einer jungen Waffengattung, die schon im Ersten Weltkrieg zunehmend an Bedeutung gewann und unter konspirativen Umständen in der Weimarer Zeit fortgesetzt wurde. Die Militärfliegerei hatte somit in den Augen dieser Generation junger Männer stets etwas Geheimnisvolles, was auch noch für ihre späteren Einsätze in Spanien galt. Wurden diese doch bis zum Abschluß der Kämpfe im Frühjahr 1939 vom nationalsozialistischen Regime nie offiziell bestätigt.
Auf der Grundlage einer profunden Quellenauswertung gelingt es der Autorin, das spanische Kriegserlebnis einer begrenzten Anzahl von Legionären - etwa 260 Personen sind biografisch faßbar - vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Prägungen nachzuzeichnen. Dabei kommt die distanzierte Sicht des Mitteleuropäers auf ein durchweg als fremd empfundenes Land und seine Bewohner ebenso zur Sprache wie das keineswegs spannungsfreie Verhältnis des Führungspersonals zu den nationalspanischen Verbündeten. Das abschließende Urteil der Autorin über den militärischen Wert der deutschen Schützenhilfe ist eindeutig: Ohne den dreijährigen Einsatz der Legion Condor und ihres italienischen Analogons hätten Franco und seine Clique klerikal-reaktionärer Offiziere ihren verbrecherischen Krieg gegen die demokratisch legitimierte Volksfrontregierung wohl kaum gewonnen.
Die Bilanz für die deutsche Seite fiel dagegen eher durchwachsen aus. Zwar hatte die Wehrmacht mittels eines steten Rotationsverfahrens insgesamt rund 20.000 deutsche Soldaten in einen Einsatz mit überschaubaren Risiken entsenden können. Nur 217 Legionäre kamen nach spanischen Quellen ums Leben. Die Ausbeute an militärisch verwertbarer Erfahrung beschränkte sich indes auf die Bombardierung überwiegend schutzloser Ziele, sei es republikanische Infanterie oder spanische Städte, wobei das baskische Guernica nur die propagandistisch erhöhte Spitze eines Eisberges war. Im kurz darauf beginnenden Zweiten Weltkrieg ließ sich diese Vorgehensweise nur in der Anfangsphase wiederholen. Gegen einen mit gleichwertigen oder gar überlegenen Luftstreitkräften ausgestatteten Gegner waren die unter spanischen Bedingungen gesammelten Erfahrungen jedoch kaum noch von Wert.
Schüler-Springorum widmet sich in einem abschließenden Teil ihres Buches ausführlich auch den Nachwirkungen des Spanienkrieges, die zwar durch den Zweiten Weltkrieg zunächst zur Gänze verdeckt und überlagert wurden, doch mit zeitlichem Abstand wieder an Bedeutung im Verhältnis beider Länder gewannen und vor allem, wie der Fall Mölders zeigte, zu einigen Neujustierungen im militärischen Traditionsverständnis des wiedervereinigten demokratischen Deutschlands führten. Ihre anregende Studie wird fraglos für die nächsten Jahre das Standardwerk über die Legion Condor sein.
kjb