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Das Mainzer Bernsteinzimmer

Schmidt, Dieter. 190 Seiten, Mainz 2011. ISBN 978-3-980939546, Preis: 11,95 €


Dieses Buch sticht aus der Schmidt’schen Reihe Mainzer Lokalkriminalromane heraus; es erzählt die Geschichte dreier Charaktere aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.

Schmidt ist bekannt für seine bodenständigen Schilderungen des Mainzer Volkscharakters an sich, die sich bisher in teilweise irrsinnigen Volten um Koruption und Postenschacher oder die „irre Anstalt auf dem Lerchenberg“ drehten. Seine Protagonisten sind der als Privatdetektiv dilettierende Hausmeister und ehemalige Polizist Karl Napp, dessen wegen Trunkenheit entlassener Kollege Herbert Dickmilch und – wie könnte es anders sein – Napps kittelschürzenbewehrte holde Gattin.
Dieses Dreigestirn rheinischer Lebensfreude wird im „Mainzer Bernstenzimmer“ auf die Spur eben jenes Zimmers gesetzt, dessen Spur sich 1945 in Ostpreußen verliert. Bei einem Hausabriß in der ältesten Mainzer Straße, der Gaustraße, kommt in einem Brunnenschacht die Leiche eines Soldaten der Deutschen Wehrmacht an das Tageslicht. Sie führt Napp & Co auf die Spur des Bernsteinzimmers, die Schmidt erstaunlich genau recherchiert hat.

  Wer Schmidts vorangegangenen Bücher kennt, wird an den handlungstargenden Charakteren wenig Neues finden. Die Schilderung aber, wie diese Leiche in den Brunnen kam, ist spannend und im Rahmen der dichterischen Freiheit erstaunlich nahe an dem, was man aus Erzählungen der Kriegsgeneration noch kennt. Die Protagonisten enstammen verschiedenen Schichten und bewegen sich mit der Deutschen Wehrmacht zwischen Königsberg in Ostpreußen und Frankreich. Schmidt schildert ihr Elend, die Ängste und Nöte. Die Zustände im von den Sowjets belagerten Königsberg und das Verhalten des Gauleiters Koch schildert der Verfasser ziemlich realistisch. Daß nach dem Einmarsch der US-Amerikaner in Mainz die Spur des Bernsteinzimmers folgerichtig von US-Soldaten mit Kunstverstand weiterverfolgt wird, spinnt Schmidt überzeugend weiter.


In diesem Buch ist neben dem üblichen „Kokelores“ einiges an Lebensgefühl der 1940er Jahre festgehalten. Schmidt ist es gelungen, hier neben dem üblichen Lokalkolorit ein Bild zu zeichnen, was um das Jahr 1945 herum geschehen sein könnte – weit über die Grenzen des Goldenen Mainz hinaus. Wer Militärgeschichte einmal skuril erleben möchte, kann hier auf seine Kosten kommen.

EH